Das Instrument der Integrationsvereinbarung soll die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben dadurch stärker unterstützen, dass die betriebliche Integrationsarbeit über Zielvereinbarungen gesteuert wird. Es sollen betriebsnahe Vereinbarungen abgeschlossen werden, die geeignet sind, die Beschäftigungssituation spürbar zu verbessern.
Konkret verpflichtet die Vorschrift alle privaten und öffentlichen
Arbeitgeber, mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Betriebsrat bzw.
Personalrat und in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten des Arbeitgebers
eine verbindliche Integrationsvereinbarung abzuschließen (§ 83 SGB IX). Mit
dieser Regelung werden die Handlungsmöglichkeiten der
Schwerbehindertenvertretung erweitert: Sie hat ein Initiativrecht zur
Verhandlung über den Abschluss einer Integrationsvereinbarung;
die
Verhandlung über eine Integrationsvereinbarung erfolgt auf ihren
Antrag hin.
Ist keine Schwerbehindertenvertretung vorhanden, so wird das
Antragsrecht von
der jeweiligen Interessenvertretung wahrgenommen.
Von allen Beteiligten kann das Integrationsamt zur Unterstützung beim Abschluss einer Integrationsvereinbarung einbezogen werden. Die zustandegekommene Vereinbarung wird der zuständigen Agentur für Arbeit und dem zuständigen Integrationsamt übermittelt (§ 83 Abs. 1 SGB IX).
Die Integrationsvereinbarung beinhaltet Regelungen im Zusammenhang mit der
Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben, insbesondere zur
Personalplanung, Arbeitsplatzgestaltung, Gestaltung des Arbeitsumfeldes,
Arbeitsorganisation, Arbeitszeit sowie Regelungen über die Umsetzung der
getroffenen Zielvereinbarungen. Die Belange schwerbehinderter Frauen sollen
dabei besonders berücksichtigt werden
(§ 83 Abs. 2 SGB IX).
Mit dem novellierten SGB IX wurden die Regelungsbereiche weiter konkretisiert. Als typische Inhalte nennt das Gesetz nun Regelungen
Entscheidend für die Wirksamkeit der Integrationsvereinbarung
ist, dass
die getroffenen Zielvereinbarungen möglichst konkret sind und sich an den
individuellen Gegebenheiten des einzelnen Betriebes bzw. der Dienststelle
orientieren. Dies unterscheidet Integrationsvereinbarungen
von schon vielfach
bestehenden Handlungsleitlinien wie z. B. Für sorgeerlassen im öffentlichen
Dienst. Deshalb ist lediglich in solchen Betrieben und Dienststellen, die
bereits Regelungen auf dem Niveau einer Integrationsvereinbarung haben, der
weitere Abschluss einer Integrationsvereinbarung nicht erforderlich (§ 82 Satz 4
SGB IX).
Das Gesetz verpflichtet den Arbeitgeber ferner, im Rahmen der Versammlung schwerbehinderter Menschen über alle Angelegenheiten der schwerbehinderten Beschäftigten Bericht zu erstatten (§ 83 Abs. 3 SGB IX). Der Bericht stützt sich auf die Umsetzung der Integrationsvereinbarung bzw. umfasst die Ergebnisse.
Erarbeitung einer Integrationsvereinbarung: Tragfähige
Integrationsvereinbarungen entstehen auf der Grundlage der Zusammenarbeit der
Verantwortlichen und im Rahmen eines zielorientierten Erarbeitungs-,
Informations- und Berichterstattungsprozesses. Es ist wichtig, dass sich die
Verhandlungspartner im ersten Schritt auf eine gemeinsame
Ausgangsbasis
verständigen und einen Grundkonsens herstellen. Das Ergebnis besteht in
allgemeinen Kernaussagen, die von allen Beteiligten mitgetragen werden, und die
in einem ersten Baustein „Präambel” festgehalten werden können.
Grundvoraussetzung für Veränderungsprozesse ist die sorgfältige Darstellung und Analyse der Situation, wie sie sich zum gegebenen Zeitpunkt darstellt. Im zweiten Schritt geht es deshalb um eine Bestandsaufnahme, um Transparenzsowie um das Aufdecken von Schwachstellen. Damit wird die Basis für das Ermitteln von Zielen geschaffen. Das Ergebnis besteht in der Darstellung und Analyse der Ist-Situation im Betrieb bzw. in der Dienststelle, dem Herausarbeiten von Schwachstellen und als Konsequenz dem Ermitteln des Handlungsbedarfes.
Das Kernstück der Integrationsvereinbarung bilden die Zielvereinbarungen der Verhandlungspartner. Im dritten Schritt geht es deshalb um die Formulierung und Festlegung von erreichbaren, messbaren Zielen und die Formulierung entsprechender Zielvereinbarungen zum Erreichen dieser Ziele. Das Ergebnis besteht in Zielvereinbarungen, die verbindlich und geeignet sind, den Integrationsprozess spürbar voranzubringen. Die Qualität der Integrationsvereinbarung bemisst sich nicht an der Zahl und am Umfang der Zielvereinbarungen, sondern an deren Umsetzbarkeit und der für die behinderten Beschäftigten erkennbaren und spürbaren Wirksamkeit.
Es reicht nicht aus, sich Ziele vorzugeben. Ebenso wichtig ist es festzuhalten, wer für die Erreichung der Ziele verantwortlich ist und in welchem Zeitraum die jeweiligen Ziele erreicht sein sollen. Das Steuern über Zielvereinbarungen funktioniert nur, wenn der Prozess der Zielerreichung regelmäßig beobachtet und nachgehalten wird. Die Instrumente, die hierbei helfen, sind Controlling und Berichtspflicht.
Die Ergebnisse der einzelnen Schritte können Bestandteil der
Integrationsvereinbarung sein; eine mögliche Gliederung
für die
Integrationsvereinbarung wäre dann:
Die Erarbeitung einer Integrationsvereinbarung endet mit dem
Abschluss
einer für alle Partner verbindlichen Vereinbarung und mit deren
Bekanntgabe im Betrieb bzw. in der Dienststelle.
Rechtlicher Status: Von ihrer Rechtsnatur her handelt es
sich um eine verbindliche Vereinbarung (wie z. B. eine Betriebsvereinbarung bzw.
eine
Dienstvereinbarung).
Was die Durchsetzbarkeit der Vorschrift betrifft, kann
– vor dem Hintergrund,
dass Arbeitgeber zum Abschluss einer derartigen Vereinbarung von Gesetzes wegen
verpflichtet sind – von einem „einklagbaren Anspruch” der
Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrats bzw. Personalrats ausgegangen
werden. Zwar gibt es keinen Entscheidungsmechanismus für den Fall, dass sich die
Verhandlungspartner nicht einigen können. Als gerichtlich einklagbar wird man
allerdings den Anspruch der Schwerbehindertenvertretung bzw. der
Arbeitnehmervertretungen gegen den Arbeitgeber ansehen können, Verhandlungen
über eine Integrationsvereinbarung aufzunehmen.
In streitigen Situationen kann die Einschaltung des Integrationsamtes
im
Sinne eines neutralen Verhandlungsteilnehmers hilfreich sein.